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Rotterdam, 23.07.2011 Ich wollte Gold - Ich habe Gold
“Otto” kam und er schickte seine stürmischen Boten voraus. Das Regentief,
welches bei meiner Anreise am Mittwoch Mittelfranken unter Wasser setzte, hatte seinen große Rundreise durch Deutschland vollendet und zog nun auf Holland zu. Erste leichte Regenschauer kamen (der Dauerregen erst am Abend) und die Sprinter, die bei 13
Grad nur 2 m/sec Gegenwind hatten, durften sich glücklich schätzen - der Windmesser zeigte auch schon mal eine Vier an. Mir ging aber anderes durch den Kopf. Das ist mein eigentliches großes Rennen des
Jahres. Dar Wetter darf mich nicht schrecken - die Bedingungen sind für alle gleicht. Und nach Neuendettelsau und Elsenfeld bin ich ja ohnehin
schon gegenwindgestählt. Ich will es probieren - ich will Gold. Ob es klappt, hängt natürlich auch davon ab, wer noch alles aus der M45 am Start sein würde. Und von mir natürlich...
Zuerst kam mal wieder die fast schon erwartete chaotische Laufeinteilung. Acht Rennen mit jeweils fünf Mann waren geplant, ich wäre im sechsten dran
gewesen, gemeinsam mit den 1500m-Sieger der M45, Jean-Pierre Grasland. Am Ende waren es drei Läufe mit größeren Feldern,
eigentlich ganz gut so. Wir waren neun Mann im zweiten Lauf, drei Bahnen auf der Sechs-Bahnen-Anlage waren so doppelt belegt. Ich
hatte so auch einen holländischen Nachbarn auf meiner Bahn fünf. Diesmal gab es keinen “echten” Startschuss aus der Pistole, sondern
einen elektronischen Schuss aus dem Lautsprecher. Der Start war diesmal recht problemlos. Henk Hermsen, ein M50er auf meiner
Bahn vorne weg, ich direkt dahinter. Innen schossen schon welche vorbei, allen voran der Kölner Christian Palkowski, der in 2:10,23
auch die Gesamtwertung gewinnen sollte. Nach 100 Metern ging es dann nach innen, ich fand mich an vierter Stelle wieder. Auf Rang 2
setzte sich der Holländer Vinco David ab, auch ein M45er, war ich aber noch nicht wusste. Ich war direkt hinter Jean-Pierre Grasland
und genau das wollte ich auch. Es ging das erste Mal auf die stürmische Zielgerade. Viel Windschatten bot der kleine Franzose nicht,
aber immerhin etwas. Nach 68 Sekunden war die erste Runde schon absolviert, aber kurz vorher habe ich mich entschieden: Ich
probiere es eingangs der Kurve. Ab jetzt wird nicht mehr gebummelt und ich musste es probieren, noch in der Kurve wegzukommen. Die Rechnung ging voll auf. Nach 30 Metern war ich wieder auf der Innenbahn und hatte ausgangs der Kurve einen kleinen Vorsprung.
Vor mir nun Vinco David. Ich konnte mich vom Rückenwind treiben lassen, vielleicht ist er auch etwas zu schnell angegangen. Ausgang
der Gegengeraden war ich vorbei und konnte schnell eine kleine Lücke herstellen. Anfeuerungen jetzt überall, auch in deutsch... Vor mir war eh nur der längst enteilte Gesamtsieger Christian Palkowski, ich musste jetzt schauen, wie ich den Gegenwindkanal überstehe. 30
m vor dem Ziel wurden die Beine weich, doch es reichte. 2:21,35 min waren es am Ende. Hinter mir setzte sich im Kampf um Platz 2 in der M45 Jean-Pierre noch vor Vinco durch. Erstaunlicherweise fiel die
Erholungsphase sehr kurz aus. Wenn ich daran an Elsenfeld denke... Tatsächlich wusste ich aber die Altersklassenplatzierungen noch nicht. Nun begann das bange Warten. Der klare Sieger des ersten Laufes lief
2:20 und den dritten Lauf verfolgte ich sehr aufmerksam, die beiden Schnellsten liefen hier auch unter 2:20. Wenn jemand schneller sein sollte, muss man das Ergebnis einfach so akzeptieren. Duschen, wieder eine
Massage. Dann gabs die Medaillen. Und die Überraschung: Gold! Da kam dann doch Freude auf nach den langen Minuten der Ungewissheit. Es war zwar keine Jahresbestzeit, doch eigentlich hat im Sturm von
Rotterdam alles gepasst. Ich kann zufrieden auf den zweiten Saisonhöhepunkt zurückblicken - meinen ersten Auslandsstart ausserhalb des deutschen Sprachraumes. Une wenn ich Rotterdam mit Köln vergleiche? Lieber nicht. Köln war
etliche Nummern größer - sowohl organisatorisch als auch teilnehmermäßig. Vor allem war ja die geballte Macht der Amerikaner nicht da. Es gab auch keine richtigen Siegerehrungen wie in Köln,
sondern nur eine Medaillenübergabe - aber mit Glückwunsch. Ich blicke gerne zurück - es waren schöne Tage. Es war das Finale einer Frühjahrssaison, die man mit dem Begriff Chaos nur dezent umschreiben
kann und oftmals stand nicht mehr der Sport im Mittelpunkt. Nun geht der Blick nach vorne. Im September stehen die Nordbayerischen Seniorenmeisterschaften mit den 1500 m auf dem Programm. Da kann
man es noch mal auf der ungeliebten “Langstrecke” probieren.
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