Helsinki, 30.06.2016 Mit der Kugel gab es wenigstens ein zählbares Ergebnis Sportlich gesehen, waren es kurze Eurogames
für mich - ansonsten war es wieder eine wunderschöne Zeit mit alten und neuen Sportfreunden in Finnlands Hauptstadt. Vor vornherein war klar: ich musste hoffen, dass die verhärtete Wade irgendwie halten würde.
Gemeldet war ich über 800m, 1500 m, 5000 m und
10 km sowie beim Kugelstoßen. Letzteres war zur Auffüllung von Zeitplanlücken gedacht, bescherte mir aber am Ende das einzige zählbare Ergebnis im Tiergarten-Stadion.
Zunächst aber kamen schöne Tage in Helsinki und Tallin, bevor am Mittwochabend die Eröffnungsfeier über die Bühne ging. Irgendwie ergab es sich, dass ich, als es mit dem Einmarsch los ging, mit zwei
Frauen die deutsche Fahne in der Hand hatte und so ging es dann hinter dem Schildträger durch die Nebelschwaden und im Visier etlicher Fotografen durch die Zuschauer - unter den einsetzenden
Klängen von Nenas “Irgendwie, irgendwo, Irgendwann”. Deutscher Fahnen(mit)träger - ganz einfach eine neue Erfahrung. Doch am nächsten Morgen wurde es dann ernst: die 1500 m und
Kugel waren fast zeitgleich, aber ich gab beide Meldungen ab. Es ging auch, da ich so für die 1500 m nicht mehr zum Call-room musste. Das Einlaufen war zunächst auch schmerzfrei, doch nach einigen etwas
schnelleren Sachen meldete sich der Wadenmuskel dann doch wieder. Nun war klar: 1500 m nur noch locker laufen, egal welche Zeit. Doch vorher begann das Kugelstoßen. Noch etwas einstoßen, dann die
Einteilung. Ich war zum Glück früh dran. “Mach mal noch ein Bild, vielleicht ist es mein letzter Auftritt bei den Eurogames”, sagte ich zu
Andreas Wolter, seines Zeichens einer der Bürgermeister von Köln. Nach einem eher misslungenen Versuch landete die 6 kg schwere
Kugel bei 6,77 m und ich mit einer Rückwärtsrolle im Rasen. Gerade noch mal gültig gewesen. Mit rechts abdrücken geht also, aber dass Abfangen mit dem linken Bein machte da schon Probleme.
Nun ging es aber hinüber zu den 1500 m. Die M45 hatte fertig und die M50 war dran. Mit Spikes brauchte ich es gar nicht mehr zu probieren, einfach nur dabei
sein. Sechs Mann waren wir am Start. Und pünktlich um 11:25 Uhr fiel auch der Startschuss. Als sich alles eingeordnet hatte, fand ich mich an fünfter Stelle
wieder. Ganz locker laufen, dass war diesmal mein Motto. Namentlich angefeuert wurde man trotzdem - da spielt die Zeit keine Rolle. Nach knapp 500 m
beschleunigte ich ganz leicht und plötzlich zog es recht kräftig in die Wade hinein. Nun war klar: nichts wie raus, eh noch etwas passiert. Der Münchner Georg
Sauerländer war überrascht, als ich plötzlich nach innen ging. Der ziehende Schmerz war aber dann wenigstens wieder weg - und in der Ergebnisliste steht bei nur DNF.
Es war nicht weit zurück zur Kugelstoßanlage. Erst mal die Lage gepeilt - es ließ der zweite Durchgang und ich wäre schon drangewesen. Die freundliche
Dame ließ mich aber bei nächster Gelegenheit den Versuch nachholen. Wohl noch adrealingeschwängert vom Rennen, rutschte dieser richtig gut raus und
landete bei 7,14 m - einen Zentimeter weiter als in Leutershausen. Da hatte ich gleich mal noch Grund zur Freude und die anderen freuten sich gleich mit. Es
war ja auch eine schöne Truppe dort an der Anlage, die sich gegenseitig anfeuerte. Und mit dem Berliner Armin Fiechtner bin ich 2015 in Stockholm in der
4x400m-Staffel gelaufen. Doch noch folgten vier weitere Versuche. Erst 6,89 m und dann mit 7,03 m noch mal über die Sieben-Meter-Marke. Die beiden
letzten mit 6,74 m und 6,75 m sind dann nur noch für die Statistik. Mit diesem fünften Platz waren dann die Eurogames sportlich für mich zu Ende. Das
bedeutete aber noch lange nicht, dass ich so schnell aus dem Stadion rauskam. Ich verfolgte viel von dem, was so geschah, am Donnerstag und auch am
Freitag. Alte Freunde getroffen, neue Freunde kennengelernt - die Eurogames waren einmal mehr ein Erlebnis. Dazu kam natürlich die perfekte und trotzdem
athletenfreundliche Abwicklung - immer im Zeitplan. So gab es allgemeines Lob für die Veranstalter. James Warren Boyd aus San Francisco sprach mich
später übrigens noch an: “Javelin?”. Leider war ich beim Speerwurf nicht gemeldet, es wäre eine gute Alternative zum Laufen gewesen. Die Weite ist ja eh
egal... P.S.: Mit den Leistungen von Regensburg wäre ich über 800 m und über 1500 m jeweils Dritter geworden.
Am heißen Samstag (25 Grad sind in Finnland Hochsommer) war dann zunächst als Zuschauer beim PrideRun und dann bei der PrideParade durch Helsinki
auch der Sonnenbrand vorprogammiert. Dann trennen sich unsere Wege, um sich irgendwann wieder zu kreuzen. 2017 gibt es die Outgames in Miami Beach -
na ja... Dann lieber 2018 zu den nächsten GayGames nach Paris. Aber sagen wir ehrlich: Ich habe die nordischen Hauptstädte so lieb gewonnen... In den
letzten Minuten dieses erlebnisreichen Samstages hielt dann die S-Bahn auf dem Ansbacher Bahnhof - wieder zu Hause...

|