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Tunnellauf unter dem Rennsteig

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30.03.2003: Zella-Mehlis

“Das gibs nur einmal, das kommt nie wieder...”

...oder mit anderen Worten: Es gibt kein nächstes Mal. Ein einziges Mal ging es auf der A71 von Zella-Mehlis durch Deutschlands längsten Autobahntunnel und über Deutschlands höchste Bogenbrücke. Ein einziges Mal, bevor ab Juni die Autos den Asphalt unter ihre Räder nehmen. Dem Rennsteiglaufverein ist es zu verdanken, dieses neues technische Denkmal einmal zu Fuß besichtigen zu dürfen. Ich, der für verkehrstechnische Bauwerke immer zu haben ist, darf da natürlich nicht fehlen. Als ich im Januar die Meldung abgab, war ich für 2003 guter Hoffung. Aber der Rücken durchkreuzte alle Jahresplanungen. 28 km - aber in der Internet-Ausgabe des Freies Wortes war zu lesen, daß ab dem Wendepunkt auch Busse zurückfahren...

 30. März 2003, 9:40 Uhr: Regionalexpress 16034 von Ritzschenhausen nach Erfurt: Eine Tür geht auf, ein Reisender steigt aus: Willkommen im nebelverhangenen Zella-Mehlis. Kurzer Fußweg zum Startgelände. Eigentlich will ich doch eigentlich nur einen Trainingslauf auf einer einmaligen Strecke machen und meinen Körper entscheiden lassen, was ich tue und was nicht. Trotzdem kündigt sich schon wieder so etwas wie Wettkampffieber an.

Trotzdem: Im knapp 8 km langen Rennsteigtunnel sollen es nur 6 bis 8 Grad sein, also ist bei mir lange Bekleidung angesagt. Das will etwas heißen, denn bei solchen Temperaturen pflege ich, wenn es um etwas geht, schon kurz zu laufen. Die Entscheidung war aber richtig, gerade für einen ruhigen Lauf.

Der halbe Osten schien versammelt zu sein, aber kein Wunder: Der Rennsteiglauf, Stammveranstaltung des ausrichtenden Vereins, genießt dort Kultstatus. Der Laufverein Wassersuppe war zum Beispiel mit 10 Mann vertreten, und als gebürtiger Brandenburger weiß ich, das dies kein neues Ernährungspatent ist, sondern ein Dorf in der Nähe von Rathenow. Und auf der Strecke kollidierte ich mit einen Läufer von SC Potsdem.

11 Uhr: Von zehn auf null gezählt, Startschuß, es ging los. Kein Fehlstart, wie es ihn beim Rennsteiglauf öfter gegeben haben soll. 2 Kilometer in Freien, auf die gesprerrte Autobahn (2 Kilometer waren schon im Betrieb und auf der Gegenfahrbahn floß noch der geringe Verkehr). Der Hochwaldtunnel, 1 Kilometer lang: Jubelrufe der Läufer wie 1990 in Berlin unterm Brandenburger Tor. Dann noch mal ins Helle: Letzte Abfahrt: Oberhof. Ab jetzt ist die A71 noch nicht fertig. Dann das Portal: Rennsteigtunnel, knapp 7900 Meter. Es wurde deutlich kühler. Plötzlich ein Grummeln von hinten. Es klang wie eine sich nähernde U-Bahn in Nürnberg, aber es war eine akustische La-Ola-Welle. Und das wiederholte sich mehrmals.

Ich hatte meinen Rhythnus gefunden. Locker und nahezu schmerzfrei lief ich meinen Weg, Kilometer 14 ist zunächst das Ziel. Die erste Marke: 5 Kilometer in 25:41, der Fünferschnitt ist wohl mein Tempo zum Träumen. In der endlosen Röhre konnte man seine Gedanken schweifen lassen, was gewesen ist und was vielleicht sein wird. Verpflegungspunkt, etwas trinken, weiter gings, nun bergab. Der Atem verwehte im kalten Fahrtwind. Endlich Licht: Es folgte die Brücke über das Tal der wilden Gera, nun schon im Sonnenschein: Phantastischer Ausblick über die Berge und in das Tal, wo ich schon so oft zwischen Erfurt und Schweinfurt mit dem Zug gefahren bin. Eigentlich sollte die Strecke ja für Zuschauer gesperrt sein, trotzdem waren viele auf der Brücke, die mal dabei sein wollten. Noch eine Brücke, dann 800 Meter Tunnel, dann empfing uns ein Zuschauerspalier: Wendepunkt bei Geschwenda. Vom weiten leuchteten verlockend zwei grüne Busse, die einem problemlos nach Zella-Mehlis zurückbringen könnten. Aber der Rücken war immer noch ruhig. Etwas trinken und zurück in den Tunnel...  Wieder die Talbrücke, wieder hinein in den Rennsteigtunnel: 40 Minuten in Schein der Lampen. Und die Beine wurden langsam schwerer. Es ging auch wieder bergan. Endlich der erste weggeworfene Becher, dann der zweite, dann war der Verpflegungspunkt im Tunnel erreicht. Auch die Steigung war geschafft, bergab lief es nun besser, auch wenn die Oberschenkel schwerer wurden. Das kenne ich ja irgendwie: vom Marathon. Und angesichts der Trainings der letzten Wochen war das ja ein Marathon für mich. So war es nicht verwunderlich, daß sich am Ende ein Mann bei mir vorstellte, der sonst in Berlin am Wilden Eber auf mir wartet: der Hammermann. Es ging aber trotzden noch locker und ruhig voran, immer noch im Fünferschnitt. Überholen und üerholt werden - alles egal. Ein blinder Läufer, der mit Begleitung den Tunnel akustisch genoß, wohl auch ein ganz neuer Eindruck für ihn. Wäre ich in Hochform gewesen, hätte mir das Rennen wohl mehr Nerven gekostet, aber so war alles egal für mich. Etwas fiel mir jetzt auch auf : es war ruhiger als auf dem Hinweg. Die meisten hatten wohl besseres zu tun als La-Ola-Wellen zu produzieren. Nur der Klang vieler Schritte - die richtige Athmosphäre für mich, um wieder zu träumen...

Endlich Licht am Ende des Tunnels: Es blendete zunächst und es war draußen warm geworden. Abfahrt Oberhof, noch 1 Kilometer Tunnel, dann endgültig rein in die Sonne und die Wärme und in Begleitung des Hammermanns herunter ins Ziel. Noch einmal auf gute Haltungsnoten achten, dann wars geschafft: 2:17:08 Stunden für etwa 27,5 km - zur Belohnung erst mal ein Köstritzer Schwarzbier. Das gab es nämlich im Ziel.

Platz 658 bei 2300 Finishern, aber das ist nebensächlich. Vernünftig war das wohl auch nicht, aber wie gesagt: Es gibt kein nächstes Mal. Und der Rücken ist auch nach der Heimfahrt noch ruhig, nur die Beine fühlen sich an wie nach einen Marathon.

Apropos Burghaslach: Ich wäre im dortigen Windkanal mit Müh und Not in der Lage gewesen, den Fünferschnitt zu halten. Deutsche Straßenläufmeisterschaften gibt es noch öfter (vielleicht sogar noch mal in Burghaslach), aber einen Tunnellauf nie mehr...